Experten warnen seit Monaten davor, jetzt ist das Horrorszenario traurige Realität: die Staatsanwaltschaft kann nicht mehr alle Fälle behandeln. Stattdessen geht sie zur Triage über und ermittelt nur mehr in jenen Fällen, wo es noch Sinn macht.
WIEN – Staatsanwalt Ulrich Gabriel nimmt seine Maske ab, zündet sich eine Zigarette an und starrt apathisch auf die Straße. „Mein Mittagessen“, lacht er bitter und inhaliert den Rauch. Sein Gesicht ist zerfurcht von der FFP2-Maske. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist seit Monaten am Limit. „Wir können nicht mehr, die Kaffeemaschinen arbeiten am Limit“, sagt er und nimmt einen tiefen Lungenzug, bevor wieder 10.000 Chatnachrichten auf ihn warten.
Notfall
Die Tür der Staatsanwaltschaft geht auf, ein neuer Fall kommt herein. „Notfall! Wir haben hier einen 50-jährigen Burgenländer mit schweren Symptomen: Erinnerungslücken, tollwütige Anfälle, Verlust des moralischen Empfindungsvermögens.“ Der Staatsanwalt blättert die Akte durch und seufzt: „Ein Landeshauptmann. Dann ist er ja praktisch immun. Gebt’s ihm einen Spritzer und schickt’s ihn wieder nach Hause.“
Immer öfter trifft es auch jüngere Menschen. Ein besonders tragischer Fall ist der des erst 45-jährigen Thomas Schmid. „Er hat sogar noch gefragt, ob er mit seinem Handy ein letztes Dick Pic an seine Familie verschicken darf, bevor wir ihm den Saft abdrehen. Da zieht es dir alles zusammen“, erzählt Gabriel.
Erst vor kurzem kam sogar ein 39-jähriger Wiener herein. „Ohne Vorverurteilungen, der steht mitten im Leben auf einem Balance Board, arbeitet als Finanzminister. Und dann musst du als Staatsanwalt entscheiden und ihm quasi über Nacht den Stecker aus dem Laptop ziehen…“
Keine Disziplin
Doskozil, Blümel, Schmid, Löger, Pilnacek, Strache, Gudenus, Chorherr: die Investigativstation geht derzeit über mit Fällen. „Wieso hören die Leute nicht auf uns und halten sich an einfache Sicherheitsmaßnahmen?“, schüttelt eine Juristin resigniert den Kopf. „Ein Babyelefant Abstand von Geldkoffern, keine WhatsApp-Chats mit mehr als einem anderen Haushalt, Reiseverbot in Risikogebiete wie Ibiza, Gastroschließung der Dots-Kette.“
Wer bei Betroffenen Symptome beobachtet, soll jedoch keinesfalls die Notrufnummer 133 wählen, um die Personen nicht zu spontanen Spaziergängen mit ihren elektronischen Beweismitteln zu animieren. „Wir empfehlen, zu Hause zu bleiben, und das ganze einfach ein bis zwei Legislaturperioden lang auszusitzen.“
Eine Staatsanwältin gesteht, dass man sich schon länger nur noch um die Fälle kümmert, bei denen eine Verurteilung wahrscheinlich ist: „Wir haben keine Ressourcen für einen Blümel, einen Löger, oder einen Pilnacek“, seufzt sie. „Diese Leute würden nur Monate lang den Gerichtssaal blockieren, da schicken wir sie lieber nach Hause und warten halt wohl oder übel auf ihren politischen Tod.“
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grossartig! danke!
Hoffnungsschimmer ist, dass so manche G’wehrdenker wie Mendsdorff Pouilly doch auf den Investigaitvstationen behandelt wurden.
Genial!
Traurig, aber wahr