Der umtriebige Investor Siegfried Wolf geht gerne auf die Jagd. Aber weil sein liebster Jagdpartner René Benko kürzlich in die Josefstadt übersiedelt ist, treibt sich Wolf jetzt in einem neuen Jagdrevier herum: auf Social Media. Dort klagt er alles, was nicht bei Drei auf dem Baum ist.
Am 12. Oktober 2024 veröffentlicht der SPÖ-Abgeordnete Rudolf Silvan ein Facebook-Posting. Der Inhalt: Sigi Wolf hätte Unsummen an die ÖVP gespendet und spreche sich für eine FPÖ/ÖVP-Koalition aus. Wenige Tage später reichen Wolfs Anwälte eine Klage am Tiroler Landesgericht ein, die der Tagespresse vorliegt. Grund: Der Investor fühlt sich „gekränkt“. Denn er will sich nicht als ÖVP-Spender bezeichnen lassen.
Aber nicht nur der Abgeordnete Silvan bekommt Post. Wolf eröffnet eine Treibjagd. Das Alphatier lässt sein Rudel los, die Anwälte fassen das vermeintlich schwächste Tier der Herde: Den Tiroler Facebook-User Christoph S. aus dem Bezirk Reutte. Sein Vergehen: Er hat das Posting des Abgeordneten auf seinem persönlichen Profil geteilt.
Treibjagd
Ganze zwei „Gefällt mir“ hatte der geteilte Post von S., als er ihn wegen Wolfs Klage wieder offline nahm. Trotzdem geht es um einen Streitwert von 36.000 Euro. Denn Wolf hat Gusto auf Kleinwild. Offenbar hat der Unternehmer genug Freizeit, um jede Nacht auf digitale Pirsch zu gehen und mit dem Ferngucker auf Facebook nach Kritik zu spähen. Alles, was ihm vor die Flinte kommt, jeder Bock, der an seinem sehr gefestigten Ego nagt, wird mit einem gezielten Anwaltsbrief finanziell erlegt.
Für die „empfindliche Kränkung“ (Zitat: Klagsschrift) fordert Wolf, dessen Vermögen vom „Trend“ im Jahr 2023 auf 850 Mio. Euro geschätzt wurde, 1.000 Euro Schadensersatz, zuzüglich Verfahrenskosten von bis zu 5.000 Euro. Für den Beklagten nicht wenig, für Wolf, der gerne mal hunderte Beschäftigte bei Steyr Automotive entlässt, um sich dann selbst 107 Millionen Euro Dividende auszuzahlen, dagegen nicht einmal das Gedeck fürs Abendessen.
Wer ist also dieser umtriebige steirische Weidmann, der so besorgt um seinen guten Ruf ist? Man muss lange suchen, wenn man einen politischen Skandal in Österreich finden will, bei dem nicht der Name „Siegfried Wolf“ auftaucht. Wie die C-Promis im Marchfelderhof ist auch Wolf in Ermittlungsakten ein echter „Adabei“ – Eurofighter, Chataffäre, Steueraffären, Benko.
Weidmannsheil
Gute Jäger halten zusammen. Als sein langjähriger Jagdkumpane René Benko nach unfairen Querschüssen der EZB im Signa-Sumpf versank, sprang Wolf für ihn in die Bresche: „Der René Benko ist der zurzeit Meistgejagte. Aber wissen Sie, beim Jagen, da braucht es einen Blattschuss. Ich denke, da wird noch viel Wasser die Donau herunterrinnen. Denn Ungerechtigkeit und Dinge, die nicht wahr sind, die werden auch nicht wahr, wenn man es noch hundertmal schreibt.“ Die gemeinsamen Ausflüge im Privatjet in die Karpaten verbinden.
Auch mit Thomas Schmid, der obersten ÖVP-Hure der Reichen, hatte der supersaubere Wolf keine Berührungsängste. Im Gegenteil: Schmid fühlte sich von Wolf sogar bedrängt wie ein Braunbär im rumänischen Wald. Der Falter berichtet, Schmid könnte dem Investor 630.000 Euro an Steuern erspart haben. Wolf ist von der ÖVP also so weit entfernt wie Sebastian von Kurz.
Wolf und der russische Bär
Selbstredend, dass ein Wolf auch beste Beziehungen zum russischen Bären unterhält. Im Jahr 2014, wenige Monate nach der Krim-Annexion, lobte Wolf den leidenschaftlichen Kinderverzahrer Putin als „sehr, sehr, sehr korrekten Mann“. Im Jahr 2023, als Putin schon seit einigen hunderten Tagen in drei Tagen Kiew einnehmen will, erhält Wolf von Putin persönlich die Erlaubnis, dem deutschen Schaeffler-Konzern eine Fabrik in der Nähe von Moskau zum Freundschaftspreis abzukaufen.
Und dieser politisch vernetzte Oligarch, Benko-Intimus und Steueroptimierer fühlt sich von einem Posting mit zwei Likes gekränkt?
Stichhaltige Argumente
Zumindest juristisch sind die Vorwürfe von Wolf gegen den Facebook-User durchaus stichhaltig. Als Spender des Kurz-Projekts bezeichnet zu werden, kann man in Anbetracht des politischen Scherbenhaufens, den die türkise Familie hinterließ, durchaus als rufschädigend einordnen. Die Geldgeber wurden vom vorgeblich „perfekten Schwiegersohn“ nach Strich und Faden abgezogen.
Die Behauptung, er sei kein ÖVP-Spender, hat nur einen kleinen Makel: Sigi Wolf ist ÖVP-Spender. Zwar ließ er Kurz keine üppigen Geldkuverts, aber üppige Sachspenden zukommen. Im Jahr 2016 veranstaltete Wolf in seinem Schloss Reifnitz eine Charity-Gala, wo betuchte Industrielle und Wirtschaftsbosse ihr Geld für bedürftige politische Wunderkinder zusammenlegen, um das wohltätige „Projekt Ballhausplatz“ mit Spenden zu unterstützen.
Fehlschüsse
Doch selbst der beste Jäger schießt auch mal daneben. Den „Standard“ nahm Wolf ins Fadenkreuz wegen einer Kolumne über seine Russland-Verbindungen. Ein argloser Richter lief Wolf in die Schussbahn und vermasselte ihm die prestigeträchtige Jagdtrophäe. Im Fraktionsbericht der Grünen wird Wolf dreist als „Lobbyist für Gazprom“ bezeichnet, Wolf legt zum Gnadenschuss an – doch der Verfassungsgerichtshof erkennt korrekterweise, dass „Gazprom-Lobbyist“ in einem Land wie Österreich gar nicht ehrenrührig sein könne, sondern eher ein Lob. Auch diese Beute entwischt. Ob er diesmal besser schießt?
Warnschuss
Wir leben in Zeiten, in denen Superreiche im Namen von „Free Speech“ im Social-Media-Jagdrevier wildern und behaupten, dass Hitler ein Kommunist war und Sozialdemokraten von Pädophilen finanziert werden. Aber wer im Dickicht der Fake News einmal mit der Wahrheit [Anm. Legal: unbedingt raus, klagbar] zurückschießt, wird geklagt.
Klagen lassen das Opfer nicht nur finanziell ausbluten; der Schuss hallt durch den ganzen Wald nach und schreckt die anderen Waldbewohner auf. Jedes Tier soll wissen: Der Wolf geht um, der Wolf ist hungrig, der Wolf hat Anwälte. Also komme ihm lieber nicht in die Quere, sonst reißt er dich wie den User aus den Tiroler Bergen.
Ob Wolf einen juristischen Volltreffer landet, erfahren wir frühestens am 24. März. Für diesen Tag ist der erste Prozesstermin angesetzt. Verhandelt wird, ob der SPÖ-Abgeordnete und der Tiroler Lügen verbreitet haben. Dann lernen wir dann die ganze Wahrheit: Ob Sigi Wolf als ÖVP-Spender bezeichnet werden darf, oder ob er die Spendengala für Sebastian Kurz in seinem Schloss nur gegeben hat, weil er einem orientierungslosen jungen Mann ohne Studium eine politische Zukunft ermöglichen wollte – ganz ohne politische Absichten.
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Bin auf das Urteil gespannt, weil wenn man der ÖVP spenden kann, ohne dass man als ÖVP- Spender bezeichnen lassen muss, na dann servus…
Das wäre höchste Zeit für die Justiz, sich mal um das Thema Slapp-Klagen anzunehmen.
Böser Wolf: „Damit ich dich besser verklagen kann!“
Für die Juristen warads.
Der ist der gute!