Urteilsveröffentlichung verschlafen: FPÖ schenkt Tagespresse 62.757 Euro


Das Bild zeigt Herbert Kickl und Udo Landbauer mit einem großen goldenen Scheck.
depositphotos.com (M)

Die Rechtschreibschwäche einiger FPÖ-Funktionäre ist hinreichend dokumentiert. Doch die Bildungslücken sind dramatischer als gedacht. Scheinbar grassiert selbst in den höchsten Ebenen der Parteiführung der Analphabetismus. Nicht einmal ein Gerichtsurteil, für das zwei Jahre gekämpft wurde, wird sinnerfassend gelesen – mit gravierenden, 62.757 Euro schweren Folgen.

Kurze Rückblende: Am 4. Februar 2025 endet der fast zweijährige Rechtsstreit zwischen der FPÖ NÖ und der Tagespresse. Der OGH hebt die Urteile der ersten und zweiten Instanz auf und gibt der FPÖ recht. Wir müssen den Freiheitlichen 40.000 Euro Prozesskosten ersetzen und rechnen zusätzlich mit 62.757 Euro Kosten für die Veröffentlichung des Urteils. 

Der OGH erkannte, dass womöglich nicht jeder der 500 Briefempfänger Zeitung liest und daher nicht über die wahre Urheberschaft des Briefs Bescheid weiß. Daher befugte der Senat die FPÖ dazu, das Urteil ganzseitig binnen vier Wochen auf unsere Kosten zu veröffentlichen, und zwar in der „Wochenendausgabe“ der Niederösterreichischen Nachrichten und der Bezirksblätter NÖ – die es aber gar nicht gibt.

Ausschnitt aus dem OGH-Urteil

Dass keines dieser Medien am Wochenende erscheint, ist laut unserer Anwältin egal, gemeint sei dann eben eine gleichwertige Ausgabe; die Rechtsprechung hat für solche linguistischen Hoppalas vorgesorgt.

FPÖ feiert Sieg

„Paniert! Finaler Sieg der FPÖ Niederösterreich gegen die Tagespresse“, jubelte die FPÖ Niederösterreich in einer Aussendung am Tag nach dem OGH-Urteil. „Wer zuletzt lacht, lacht am besten. (…) Ein teurer Spaß“, erklärten Landesparteisekretär Murlasits und Landesgeschäftsführer Spanring „augenzwinkernd“. 

Für uns beginnt eine Zeit des Wartens. Die Prozesskosten von 40.000 Euro überweisen wir noch am selben Tag, immerhin respektieren wir Urteile und erwarten dasselbe von den Freiheitlichen. Wir rechnen bereits in der nächsten Woche mit ganzseitigen Urteilsveröffentlichungen in den Bezirksblättern und den NÖN.

Doch die Zeit vergeht, Ausgabe um Ausgabe erscheint, jeden Mittwoch schmökern wir in den Zeitungen, um das ganzseitige OGH-Urteil zwischen Artikeln über den neuen Kreisverkehr in Poysdorf, eine mit Graffiti verunstaltete Parkbank in Purgstall oder einen gemeingefährlichen Radfahrer ohne Rücklicht in Unterstinkenbrunn zu entdecken. Doch die vierwöchige Frist verstreicht ohne Veröffentlichung.

Nanu, was ist da los?

Ein Tagespresse-Redakteur fragt direkt bei der FPÖ NÖ nach. Natürlich nicht unter echtem Namen, sondern – Macht der Gewohnheit – mit einem falschen Absender. Und für die perfekte Tarnung: mit falschem Kenntnisstand über das Urteil, inklusive Grammatikfehlern.  

Die Antwort des FPÖ-Bürgerservice folgt vorbildlich am nächsten Tag:

(Anmerkung: leicht gekürzt)

Oh, oh! Wir sind fassungslos. Wieso glaubt der parteieigene Bürgerservice, WIR müssten das Urteil schalten? Hat die FPÖ Niederösterreich etwa… das Urteil nicht gelesen? Das Urteil, sie zu knechten? Das Urteil, für das sie so erbittert gekämpft hat, wie der Gründungsvater der FPÖ einst als SS-Brigadeführer?

Oder haben sie es einfach nicht verstanden? Arbeitet Gottfried Waldhäusl an dem Fall und war schon mit der Entzifferung der Phrase „Im Namen des Volkes“ überfordert? Hat der persische Parteichef Udo Landbauer Deutsch als Umgangssprache in der Partei verboten? Auch Dominik Nepp redet inzwischen lieber türkisch als deutsch – wo sind die verpflichtenden Deutschkurse, wenn man sie braucht?

Es ist amtlich

Mittlerweile haben uns sowohl die Bezirksblätter als auch die NÖN bestätigt, dass keine Buchung der FPÖ Niederösterreich vorliegt. Forderungen für eine Buchung nach dem 6. März sind nicht mehr exekutierbar.

Damit ist es amtlich: Die Blauen schenken uns 62.757 Euro. Danke für die Unterstützung!

Statt einem niederschmetternden OGH-Urteil, bei dem Urkunden-fälschende Komiker abgewatscht werden, erblicken die Leserinnen und Leser der NÖN und der Bezirksblätter in der nächsten Ausgabe einen Artikel über die Unfähigkeit der FPÖ NÖ, von ihr selbst erkämpfte Gerichtsurteile zu lesen. Da haben einige in der Partei vor lauter Schnitzel die Buchstaben nicht mehr gesehen.

Sorry, OGH

Dem OGH sind wir ein „Sorry“ schuldig, so dick und fett wie ein Gabalier-Laberl. Dieser Vorgang validiert nämlich die Entscheidung des OGH, der festgestellt hat, dass die FPÖ von Satire nicht zu unterscheiden ist. Die Politiker, die sich gerne als Deutsche verkleiden und eine Deutschpflicht am Schulhof fordern, scheitern an – deutsch. Wenn das keine Satire ist, dann wissen wir auch nicht weiter. Wir entschuldigen uns öffentlich beim OGH für unsere Häme (gehen aber trotzdem nach Straßburg). 

Angebot der Tagespresse

Der in der FPÖ grassierende Analphabetismus hat uns 62.757 Euro erspart. Die Tagespresse bietet der FPÖ Niederösterreich mit dem gesparten Geld kostenlose Deutschkurse am WIFI in St. Pölten an, unter dem Motto „Deutsch statt Urteil nix verstehen“. Wir bitten um Kontaktaufnahme zur Besprechung der Details, gerne auch via WhatsApp-Sprachnachricht, um Murlasits, Spanring und Landbauer nicht zu überfordern.

Als Dank für die Unterstützung schenken wir Udo Landbauer außerdem ein Tagespresse-Jahresabo. Das kostet statt 62.757 Euro zwar nur 42 Euro, aber es geht ja um die Geste. Vielleicht kann er dadurch seine Deutschkenntnisse verbessern. Der Gutschein befindet sich bereits in seinem E-Mail-Postfach.

Und was fangen wir mit dem unverhofften Geldsegen an? Wir haben da bereits eine Idee. Mehr dazu demnächst.

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  1. Nicht auszudenken, wenn die Siebengscheiten z. B. den Finanzminister stellten … schnell würd sich ein Milliardenloch auftun. Das könnte einem ÖVP-Finanzminister nie passieren.

  2. Uuuuuunglaublich 🙈🤣👍🤣…AUSNAHMSLOS Dumpfbacken in der FPÖ- Riege, sie schlagen wirklich gar alles. Peinlicher geht’s nimmer !!! Gut, seit Anton Reinthaller, besagtem SS- Brigadeführer zieht sich das wie ein roter Faden durch 💩💩💩 ….
    Gratuliere Euch zum unverhofften Geldsegen 👍💪🤣…und zu diesem genialen Artikel ! 👌

    1. Wer strichelt da rot? Wurstsemmelfabrik liebt seine Tagespresse, was ich total verstehe, da ich meine Tagespresse auch liebe. Das ist eine klare persönliche Aussage. Welches Recht hat also so ein Strichler zu sagen:“Das gefällt mir aber gar nicht, dass Wurstsemmelfabrik seine Tagespresse liebt.“ Liebe zu jedwedens Tagespresse muss frei sein!

      1. Vielleicht ist es der Person so gegangen wie mir – ich bin am roten Button angekommen, und man kann es dann nicht mehr ändern. Wie auch immer – ich freue mich über die Geschichte.

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